263x125

dringender Blödsinnalarm
powered by Lukrativ Comics Thun


Letzte Einträge


die Blogrolle 

Die Archive

Die Zehnerjahre 

Nürnberg und der Rest der Nuller 

Hamburg -> Nürnberg (2007) 

Der zwölfstöckige Wohnblog (2006) 

Bier und Wurst (2005) 

The Iran files (2004,2005) 

Spass mit Schnulliblubber

26. August 2013

befreite Kunst in D-Town (4. Tony Cragg)

glotzende Bronze
Das waren noch Zeiten, als Tony Cragg, Vorsteher der Düsseldorfer Kunstakademie, mit dem 3D-Drucker MAGNUM der Firma Omikron Cyber Tools, seine Plastiken ausdrucken konnte.

Als ich letzten Winter mit meinem neuen 4D-Drucker herum experimentierte, erinnerte ich mich wehmütig an diese unbeschwerten Zeiten von vor zehn Jahren. Ich hatte damals auch einen MAGNUM in meinem Atelier stehen, mit dessen Hilfe ich eine Fokker 100 samt zusammenfaltbarer Landebahn ausdruckte. Obwohl sie laut Hinweis des Programmierers, welcher den Code damals zum freien Download anbot, hätte flugfähig gewesen sein soll, flog sie leider nie. Ich machte einen verheerenden Anfängerfehler indem ich das falsche Filament verwendete. Der Flieger zerfiel beim ersten Regen in einen riesigen Haufen Eiweissketten der bestialisch nach Buttersäure stank und die Katzen der ganzen Nachbarschaft deliriös machte. Es war ein eher trauriges Bild.

Der letzte Schrei nun also - 4D Drucking. Was soll ich sagen. Die Inbetriebnahme nach dem Zusammenbau zeichnete ein ernüchternedes Bild. Es zischte verheissungsvoll, die Platte wurde ordentlich heiss (drei Fingerkuppen der rechten Hand verbrannt) und die teure Füllmaterialmenge schrumpfte schmerzlich. Von dem ausgedruckten Objekt - es sollte sich ein umgestülpter, platonischer Mehrflächer mit losem eingelagertem Medusenhaupt materialisieren - fehlte jede Spur. Ein zweiter Versuch mit einem einfacheren Figürchen - ein gemeiner Würfel - schlug auch fehl.
Darauf habe ich die Kiste erst einmal wieder vom Netz genommen und mir das Innenleben etwas genauer angeschaut. Als lötkundiger Elektroingenieur fiel es mir natürlich leicht, die Geheimnisse der Maschine zu entzaubern. Das Y-Förmige Glasröhrchen, in welchem immer noch eine grüne Flüssigkeit, wild vor sich hin blubberte, musste das zentrale Modul des Druckers sein. Ich erinnerte mich so etwas schon einmal irgendwo gesehen zu haben, konnte mich allerdings nicht mehr genau daran erinnern wo und vor allem wann. Beherzt riss ich das vermeintliche Rudiment aus seiner Halterung (nicht ohne mir diesmal vorher meine bare Hand mit dem mitgelieferten Teflonhandschuh zu behandschuhen) und drehte es einfach um, so dass die Bezeichnungen der Anschlüsse aufeinander passten. Das Gehäuse wieder behelfsmässig zusammengeschraubt, eingesteckt - nächster Versuch, nochmal der Würfel.

Der 4D Drucker brummte eine Minute lang heftig, zitterte dazu beängstigend und verschwand dann von meinem Schreibtisch mit einem lauten Knall. Kein Rauch, kein Geruch von angesengtem PVC. Erster Gedanke: Das Glasröhrchen scheint wohl nicht das Problem gewesen zu sein.

Ich hatte dann das Projekt "4D-Drucker" - mangels Drucker - erst einmal ad acta gelegt und mich wieder anderen Genüssen des Lebens zugewandt. Es geschah letzten Dienstag. Als ich gerade im Begriff war, meine Recherchen zum Thema "Angewandte Kunstvermittlung durch bengalische Feuerameisen in der Antike" mit aussagekräftigen Skizzen zu versehen, als plötzlich, wie aus heiterem Himmel ein kleiner roter Würfel auf meinen Arbeitsblättern lag. Erstaunt hob ich ihn an und schleuderte ihn sogleich in eine entfernte Ecke meines Arbeitszimmers. Schmerzhaft erinnerte ich mich durch das erneute Verbrennen meiner Fingerkuppen daran, dass meine 4D Drucker Experimente von vor einem halben Jahr fehl schlugen - oder sollten sie das doch nicht? Ich war verwirrt, verstand aber schnell. In meinem kindlichen Experimentierwahn musste ich damals die Zeitkomponente außer acht gelassen haben. Der Drucker war also in der Lage, ein Objekt in der Zukunft auszudrucken. Wo war dann aber das Medusenhaupt abgeblieben? Hat sich das in der Zeit verheddert?
Die Antwort lag am Mittwoch, zusammen mit zwei weiteren kleinen roten Würfeln auf meinem Schreibtisch. Am Donnerstag legte ich mich auf die Lauer, um die Ankunft weitere meiner Ausdrucke nicht zu verpassen und wurde Zeuge, wie sich zwei umgestülpte, platonische Mehrflächer mit losen eingelagerten Medusenhäuptern und vier kleine rote Würfel materialisierten. Mit Sorge beobachtetet ich die Dinge die ich in Gang gesetzt hatte. Offenbar hatte ich nicht nur die Zeitkomponente vernachlässigt, sondern auch fahrlässig im Menu mit Exponentialfunktionen herumhantiert. Wenn ich nicht in diesen nutzlosen Objekten ersticken wollte, musste dringendst die Druckerwarteschlange löschen, sofern das überhaupt möglich war. Nur wie?

Es stellte sich jetzt auch immer drängender die Frage: Wo war der Drucker? Ich räumte die ausgekühlten Ausdrucke in eine Schachtel und machte den Schreitisch frei für den Fall, dass plötzlich der 4D-Drücker (18,5 Kilo) wieder zu mir "zurückkehre". Dann erinnerte ich mich plötzlich mit Schrecken daran wo ich das Y-Förmige Glasröhrchen schon einmal gesehen hatte.

Anfangs der Achzigerjahre fand ich auf dem Dachboden ein altes, defektes Radio. Wenigstens sah das Gerät damals in meinen naiven Augen aus wie ein Radio. Meine Neugierde war sofort geweckt. Ich beschloss, mir das Ding ein bisschen genauer anzusehen holte Vaters Werkzeug im Schuppen und fing an, daran herum zu basteln. Das vermeintliche Röhrchen war dort eingebaut und mein Vater hatte es mit unter Protest meinerseits gleich weggenommen. Begründung: Es würde sich giftiges Quecksilber darin befinden, was ein schlechter Zeitvertreib für einen jungen angehenden Elektroingenieur sein. Erfolglos versuchte ich eine Weile das alte Radio zu reparieren, verlor aber mangels Erfolgen, bald das Interesse. Mein Vater versicherten mir, das Röhrchen hätte nichts mit der Funktion des Radios zu tun und hätte getrost entfernt werden können. Im ausgeweideten Radiogehäuse hatte ich danach meine erst Ameisenfarm untergebracht.

Meine drängendste Frage im Moment: Interessiert sich jemand für umgestülpte platonische Mehrflächer mit losen eingelagerten Medusenhäuptern oder für kleine rote Würfel? Das Zeug kann klafterweise bei mir abgeholt werden. Am besten gleich den leeren, großen Großen Überseekoffer mitbringen.


*****

Die letzte Schiesserei (das Morden scheint Hochkonjunktur zu haben in der Schweiz):

Wann: 20. August 2013
Wo: Dietlikon (ZH)
Tot: 1 (2013:13)
Verletzt: 1 (2013:9)
Quartett: Beziehungsdrama, erweiterter Selbstmord


D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h (284/15)

|

----------

Kommentare (2)  - Etwas Senf dazu?